[Excerpt in German]
Ende der 1990er-Jahre notiert Mary Anne Staniszewski, dass die Gestaltung von Ausstellungen „als ästhetisches Medium und historische Kategorie“ in der Kunstgeschichtsschreibung „offiziell und kollektiv vergessen worden“ sei (The Power of Display, Cambridge MA/London 1998, xxi). Gab es damals tatsächlich nur wenige überblicksartige Publikationen zum Thema (vgl. etwa den Ausstellungskatalog Stationen der Moderne: Die bedeutenden Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Berlinische Galerie, 1988/89 oder Die Kunst der Ausstellung – Eine Dokumentation dreißig exemplarischer Kunstausstellungen dieses Jahrhunderts, Frankfurt a. M. 1991), ist seit einigen Jahren das Interesse am Forschungsfeld der Ausstellungsgeschichte rasant gewachsen. Das zeigt sich nicht nur im Erscheinen zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen aus Kunstgeschichte und Curatorial Studies, wie Bruce Altshulers zweiteiliger Anthologie Exhibitions that Made Art History (Salon to Biennial, 1863–1959, London 2008; Biennials and Beyond, 1962-2002, London 2013) oder der von Afterall seit 2010 herausgegebenen Reihe Exhibition Histories mit bisher sechs Bänden. Auch viele Museen und Kunstinstitutionen selbst haben sich inzwischen der Ausstellungsgeschichte ihrer Häuser zugewandt. Die so wiederentdeckten Projekte wurden durch die Aufbereitung von Archivalien oder die Neuauflage der früheren Kataloge wieder zugänglich gemacht und dabei häufig um zeitgenössische Positionen ergänzt (Other Primary Structures, New York: Jewish Museum, 2014; When Attitudes Become Form, Venedig: Fondazione Prada, 2014; Auf Zeit, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden/Kunsthalle Bielefeld, 2013; Telling Histories: Three Archives and a Case Study, Kunstverein München, 2003 u.v.m.).
In diese Beschäftigung mit Ausstellungsgeschichte als Thema einer sich selbst befragenden zeitgenössischen Ausstellungspraxis lässt sich auch die kürzlich von Stefanie Kreuzer kuratierte Schau more Konzeption Conception now (2015) im Museum Morsbroich in Leverkusen einordnen. Sie nimmt Bezug auf die Ausstellung Konzeption Conception (1969) am gleichen Ort, die als „die erste museale Konzeptkunstausstellung in Deutschland” gilt, „die explizit den Begriff ‚Konzept’ im Titel führt“ (135). Die Bezeichnung „Konzeptkunst“ war derzeit keineswegs konkurrenzlos, wie Daniel Marzona in seinem überblicksartigen Katalogbeitrag „Conceptual Art? – Unschärfe und Auflösung eines Begriffs“ darlegt. Neben der Erfolgsgeschichte des Namens, die er anhand von Henry Flints erster Erwähnung der „Concept Art“ 1961 über Sol LeWitts „Paragraphs on Conceptual Art“ (1967) und das Journal of Conceptual Art (1969) der britischen Künstlergruppe Art & Language bis hin zu Joseph Kosuths Ausspruch nachzeichnet, alle Kunst (nach Duchamp) sei dem Wesen nach konzeptuell (1969), lenkt Marzona den Blick auch auf den Zustand einer bis in die frühen 1970er Jahre bestehenden terminologischen Verunsicherung, wie sie sich noch 1973 in Lucy R. Lippards zurückhaltender Bezugnahme auf eine „so-called Conceptual Art“ und in parallel kursierenden Begriffsangeboten wie Gregory Battcocks Bezeichnung „Idea Art“ niederschlägt (33).
Während der erste Band des Ausstellungskatalogs aus einem unveränderten Nachdruck der Publikation zur Ausstellung Konzeption Conception von 1969 besteht, ist der zweite ihrer historischen Rekonstruktion und Kontextualisierung, dem Abdruck von Archivmaterial (insbesondere Korrespondenz und Zeitungsartikel) sowie der Darstellung von 23 Künstlerpositionen gewidmet, „die sich heute mit den Strategien der Konzeptkunst der 1960er-Jahre auseinandersetzen“, wie Markus Heinzelmann, Direktor des Museum Morsbroich, in seinem Vorwort das kuratorische Konzept der aktuellen Ausstellung umreißt (7). Auch der Katalog der Ausstellung von 1969 begann mit einer kurzen Einleitung des damaligen Direktors Rolf Wedewer, der zusammen mit dem Galeristen Konrad Fischer die Ausstellung mit einer für heutige Verhältnisse äußerst kurzen Vorlaufzeit von Mai bis Oktober 1969 organisierte.
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